Freitag, 23. November 2012

Schlagzeilen der letzten Tage: Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen - Kommentar

Der Kommentar der Fachanwältin für Arbeitsrecht:

Die Abwägung zwischen zwei Positionen, die beide grundrechtlich geschützt sind, die beide von sehr hohem Gewicht sind, ist zwar schwer, aber das Bundesarbeitsgericht hat in den beiden aktuellen Fällen wie gewohnt die ausgewogene Abwägung der Positionen ausgeurteilt.

Die beiden Grundrechte, die sich gegenüberstehen,
die Religionsfreiheit aus Artikel 4 des Grundgesetzes
und
die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG
sorgen immer wieder für Schlagzeilen.

Die Religionsfreiheit ist für uns hier deshalb so wichtig, weil sie auch bedeutet, dass der Staat nicht in die innerhalb der kirchlichen Organisation bestehenden Sturkturen eingreifen darf. Die Religionsfreiheit hat auch einen historischen Hintergrund. Für die Kirchen gelten noch heute, über Art. 140 GG die Art. 136 ff. der Weimarer Reichsverfassung.
Das Bundesarbeitsgericht hat gesagt, dass ein Arbeitskampf zur Erzwingung eines Tarifvertrages so schwerwiegend ist, dass er die Glaubwürdigkeit der Kirche beschädigt.

Die Koalitionsfreiheit ist DAS Recht der Gewerkschaften. Abgesehen davon, dass sich auch der Einzelne auf seine Koalitionsfreiheit berufen kann, die Koalitionsfreiheit also vielschichtiger ist, als sie häufig dem Normalbürger erscheint, ist den aktuellen Entscheidungen gemein, dass die Gewerkschaften gerade auf das Streikrecht als Recht ihrer Koalitionsausübungsfreiheit pochen. Streik ist in der allgemeinen Wahrnehmung das, was Gewerkschaften ausmacht. Das ist zwar nicht tatsächlich so, aber das Streiken ist für Gewerkschaften wesentlich. Und es sichert auch ihr Überleben. Und Gewerkschaften wären keine Gewerkschaften, auch nicht rechtlich, wenn sie nicht bereit wären, Arbeitskämpfe zu führen. Das Streikrecht ist also für die Gewerkschaften selbst grundlegend.

Bei diesen beiden schwerwiegenden Positionen ist es nicht verwunderlich, dass man bis zum Bundesarbeitsgericht kämpft.

Das Bundesarbeitsgericht hat beide Positionen gelungen abgewogen. Es hat der Kirche ihre Arbeitsrechtsregelungsverfahrenshoheit bestätigt, den Gewerkschaften aber auch, dass sie vom arbeitgeberseitigen Gegner Kirche beachtet werden müssen.

-> Lösungen in anderen Verfahren als üblich sind korrekt, aber unter Beachtung beider Positionen, in unparteiischen Schlichtungsverfahren, aber mit einem Schlichtungsergebnis, das für die Arbeitgeberseite als Mindestarbeitsbedingungsergebnis verbindlich ist. 


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