Donnerstag, 23. Oktober 2014

Urlaub und #Altersdiskriminierung

Die Entscheidung:
Ältere Arbeitnehmer dürfen gegebenenfalls mehr Urlaubstage bekommen als jüngere.

Der Fall:
Eine in der Schuhproduktion tätige Arbeitnehmerin hat geklagt, weil sie als jüngere Mitarbeiterin weniger vertraglichen Urlaub vom Arbeitgeber bekam als andere Kollegen und Kolleginnen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben.

Fundstelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Oktober 2014, Aktenzeichen: 9 AZR 956/12

nmb-arbeitsrecht-Kommentar:
Der Klageversuch hat sich jedenfalls gelohnt. Eine mögliche Lösung wäre gewesen, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) der jüngeren Arbeitnehmerin ebensoviel Urlaub zugesteht wie der älteren. Die dahinter liegende Idee, dass im Hinblick auf die Differenzierung unter den Arbeitnehmern nicht an das Kriterium des Alters angeknüpft werden darf, ist grundsätzlich ein guter Ansatzpunkt. Bevor die Entscheidung verkündet wurde, war aber schon klar, dass der Fall auch durchaus anders entschieden werden kann. Und so ist es geschehen.
Den älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen wird vom Arbeitgeber mehr Urlaub gewährt, weil es sich um eine körperlich ermüdende und schwere Arbeit handelt und die älteren MitarbeiterInnen schlichtweg wegen dieser körperlichen Belastung längere Erholungszeiten benötigen. Hier wird in der Differenzierung also im Wesentlichen an die körperliche Belastung angeknüpft. Das Alter dient hier nur dazu, die niedrigere körperliche Belastbarkeit einer Gruppe zuzuordnen. Ältere Menschen sind körperlich weniger belastbar als jüngere. Das ist in der Regel so.
Der Fall spielte in einer Schuhfabrik, dort in der Schuhproduktion. Da liegt das Argument der körperlichen Belastung auch auf der Hand.
Das Bundesarbeitsgericht hat aber auch entschieden, insoweit muss man bei Gerichtsentscheidungen genau hinschauen, dass "diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein" kann, d.h. es ist durch diese Entscheidung nicht klar, dass es immer gerechtfertigt ist, älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mehr Urlaub zu gewähren als jüngeren.  In Stein gemeißelt ist also gar nichts. 

Freitag, 17. Oktober 2014

#Altersteilzeit und Ansprüche aus dem #Tarifvertrag

Die Meldung:
Altersteilzeitbeschäftigte haben ebenfalls Ansprüche aus dem Tarifvertrag wie andere tarifgebundene Mitarbeiter/innen auch.
Dies gilt z.B. auch für Lohnerhöhungen.

Der Fall:
Eine Arbeitnehmerin der Charité hatte Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart. Sie hat in der Freistellungsphase die Bezüge verlangt, die Arbeitnehmer/innen nach den aktuellen tariflichen Vorschriften verlangen konnten.

Die Entscheidung:
Der Anspruch steht der Arbeitnehmerin zu.

Die Begründung:
Die Arbeitnehmerin in Altersteilzeit muss wie alle anderen Beschäftigten behandelt werden, die Tarifentgelt beziehen, erhält also auch die entsprechenden tariflichen Gehaltsverbesserungen. Die Tarifvertragsparteien haben hierzu auch keine Ausnahme vorgesehen. Eine generelle Ausnahme von Teilzeitbeschäftigten wäre aber auch wegen des Diskriminierungsverbots des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG in Verbindung mit § 134 BGB (gesetzliches Verbot) nichtig.
Auch im Hinblick auf die sogenannte Spiegelbildtheorie ergeben sich keine Änderungen: Die Spiegelbildtheorie besagt, dass Arbeitnehmer in der Zeit der Arbeitsphase Entgeltansprüche erwerben, die in der Freistellungsphase ausgezahlt werden, d.h. sie leisten vor. Nach dem Bundesarbeitsgericht ergibt sich daraus aber kein Geldguthaben, sondern ein Zeitguthaben. Dieses Zeitguthaben ist dann in der Freistellungsphase zu vergüten. Daraus folgt, dass auch ein Altersteilzeitarbeitnehmer dann die entsprechende tarifliche Vergütung erhält.

nmb-arbeitsrecht-Kommentar:
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt, dass eine genaue Differenzierung, insbesondere hier im Hinblick auf die Spiegelbildtheorie wichtig ist.
In der Entscheidung klingt zusätzlich wieder einmal das Thema der Diskriminierung an. Es ist in diesem Fall nicht entscheidend, häufig aber wichtig: Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten ist ein häufiges Problem, Altersdiskriminierung ein weiteres.
Entscheidend war in diesem Fall aber die Bewertung des Guthabens in der Freistellungsphase: Es handelt sich nicht um ein Geldguthaben, sondern um ein Zeitguthaben.

Die Fundstelle:
BAG, Urteil vom 22.07.2014, Aktenzeichen: 9 AZR 946/12