Mittwoch, 8. Januar 2014

#Tarifgebundenheit des #Arbeitgebers

Arbeitnehmer arbeiten, Arbeitgeber zahlen dafür. Diese arbeitsvertraglichen Grundlagen sind bekannt. Allerdings stellt sich z.B. ggf. die Frage, ob Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen von Zeit zu Zeit mehr Lohn zahlen. Damit hat sich auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 11. Dezember 2013, Az.: 4 AZR 473/12, beschäftigt.


Der Fall:

Im Fall ging es darum, dass in einem Arbeitsvertrag von 1995 unter anderem eine Verweisung auf ein Bruttogehalt nach einer Tarifgruppe enthalten war. Zu dieser Zeit war der Arbeitgeber, der nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist, an einen Anerkennungstarifvertrag gebunden. Der Anerkennungstarifvertrag wurde vom Arbeitgeber zum 31.12.2001 gekündigt. Der Arbeitnehmer hat mit seiner Klage die Differenz zwischen dem gezahlten Lohn und den inzwischen erhöhten tariflichen Werten verlangt.


Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.


Die Begründung:

Aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nach der Kündigung des Anerkennungstarifvertrages besteht kein Anspruch auf die erhöhte Vergütung, auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten, auch nicht bei einer dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung.


Der nmb - arbeitsrecht - Kommentar:

In dieser Entscheidung kommt wieder einmal deutlich das Kriterium der Tarifgebundenheit zum Tragen. Gerade Arbeitnehmern ist dies nicht immer präsent. Tarifgebundenheit bedeutet die Bindung an einen #Tarifvertrag darüber, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglieder der Vereinigungen sind, die den entsprechenden Tarifvertrag miteinander abgeschlossen haben, kann im Falle des Arbeitgebers aber auch bedeuten, dass der Arbeitgeber selbst mit einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Tarifverträge sind, wie der Name schon sagt, Verträge, die auch gekündigt werden können.

#Kündigung eines HIV-Infizierten kann #diskriminierend sein

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 festgehalten, dass eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen einer Behinderung im Falle der Kündigung eines symptomlos HIV-Infizierten vorliegt.

In der Sache ging es um die Frage, ob eine Kündigung wegen einer HIV-Infektion während der Wartezeit des § 1 KSchG, d.h. während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, diskriminierend und damit unwirksam ist.


Die Fundstelle:

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2013, Aktenzeichen: 6 AZR 190/12


Der nmb - arbeitsrecht - Kommentar:

Mit diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass es sich bei einer HIV-infizierten Person um jemanden handelt, der an einer #Behinderung im Sinne des AGG leidet. Die Begründung des BAG für die Annahme der Behinderung lautet: "Die gesellschaftliche Teilhabe von HIV-Infizierten ist typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen sind."

Interessant an dieser Entscheidung ist zudem, dass es sich um eine #Kündigung während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses handelt, also gerade nicht um eine Kündigung nach Erfüllung der Wartezeit des KSchG. Auch mit einem im Fall durchaus überlegenswerten Grund bei einem Arbeitnehmer, der im Reinraum in der Arzneimittelherstellung für intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung, kann der Arbeitgeber nicht einfach so wegen einer HIV-Erkrankung des Arbeitnehmers kündigen.
Üblicherweise setzen die meisten Gerichte bei der Überprüfung der Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses keine zu hohen Hürden an, schließlich ist die Kündigung ja "lediglich" am Maßstab von Treu und Glauben und nicht am Kündigungsschutzgesetz zu messen. Außerdem sind sich Lehre und Rechtsprechung einig, dass das AGG kein "Sonderkündigungsschutzgesetz" ist.
Im vorliegenden Fall geht es gleichwohl nicht nur um die Frage einer Entschädigung, sondern auch darum, ob eine #diskriminierende Kündigung vorliegt.
Dennoch ist die Entscheidung nicht als neue Auffassung im Sinne eines neuen Kündigungsschutzes durch das AGG zu bewerten, sondern sie verdeutlicht einmal mehr, wie ein Verstoß gegen den Maßstab von Treu und Glauben aussehen kann.