Freitag, 23. November 2012

Schlagzeilen der letzten Tage: Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen - Teil 2

Im zweiten Fall
standen sich gegenüber
die Evangelische Kirche von Westfalen, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, deren diakonische Werke, vier diakonische Einrichtungen, ein Zusammenschluss mehrerer diakonischer Werke
und
die Gewerkschaft ver.di.

Der Streit:
Nach Warnstreiks von ver.di haben die Kläger verlangt, Streikaufrufe in kirchlichen Einrichtungen zu unterlassen. Ver.di hat sich - wie im ersten Fall der Marburger Bund - auf das Recht aus Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes berufen.

Die Lösung des Bundesarbeitsgerichts:
In kirchlichen Einrichtungen ist das Recht, Arbeitsbedingungen anders als mit Gewerkschaften durch Tarifverträge zu regeln, von der Verwirklichung der Religionsfreiheit gedeckt. Ein eigenständiges, am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren entsprechend dem religiösen Bekenntnis, eingeschlossen auch die Befugnis, die Regelung der Arbeitsbedingungen durch eine paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Kommission und eine Schiedskommission mit einem unparteiischen Vorgesetzten zu übertragen, liegen im Rahmen der funktionalen Verwirklichung der Religionsfreiheit.
Die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften und die Gewährleistungen des Art. 9 Abs. 3 GG erfassen auch konsensuale Lösungen.


Für Nichtjuristen:
In kirchlichen Einrichtungen dürfen Arbeitsbedingungen in anderer Weise geregelt werden als sonst. Das Recht der Gewerkschaften ist nicht unbedingt auf Streik gerichtet, sondern auch auf Einigungslösungen. 

Weiter:
Arbeitsbedingungen können von den Streitparteien gemeinsam ausgehandelt und der Konflikt durch den neutralen Vorsitzenden einer Schlichtungskommission gelöst werden (sogenannter "Dritter Weg"). Wenn die Gewerkschaften in dieses Verfahren eingebunden sind und das Ergebnis als Mindestarbeitsbedingung(en) verbindlich ist (sind), dann dürfen die Gewerkschaften nicht zu Streiks aufrufen.

Nicht zulässig ist, dass die Arbeitgeberseite einseitig zwischen unterschiedlichen Arbeitsrechtsregelungen des "Dritten Weges" wählen darf.

Die Entscheidung:
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 2012, Aktenzeichen: 1 AZR 179/11.

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